Migration and savings: a macroeconomic perspective
Tezkan, Chantal; Balleer, Almut (Thesis advisor); Lorz, Jens Oliver (Thesis advisor)
Aachen (2020)
Doktorarbeit
Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2020
Kurzfassung
Durch die zunehmende Vernetzung zwischen Ländern und Kontinenten ist Migration weltweit zu einem anhaltenden politischen und wirtschaftlichen Thema geworden. In Deutschland ist die öffentliche Wahrnehmung von Zuwanderung während der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 enorm gestiegen, da sich der Migrationssaldo im selben Jahr drastisch erhöhte. Diese Dissertation untersucht mithilfe von Daten für Deutschland, wie sich Migrationsschocks makroökonomisch auf das Verhalten und insbesondere auf die Sparentscheidungen von Privathaushalten auswirken. Hierbei liegt der Fokus auf der Heterogenität des Sparverhaltens zwischen Migranten und Einheimischen. Die ökonometrische Analyse der Sparwahrscheinlichkeit von Haushalten des Sozio-Ökonomischen Panels liefert interessante Einblicke in die Unterschiede zwischen Einheimischen und Einwanderern. Die Schätzungen dokumentieren, dass Migranten im Durchschnitt mit signifikant geringerer Wahrscheinlichkeit einen Teil ihres Einkommens für zukünftige Zwecke sparen als Einheimische. Diese Differenz variiert in Abhängigkeit vom Herkunftsland der Migrantenhaushalte und verringert sich bei eingebürgerten und somit kulturell assimilierten Zuwanderern. Die Sparwahrscheinlichkeit von Flüchtlingen ist zudem signifikant geringer als bei anderen Migranten. Zuwanderer, die ihr Heimatland aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, neigen vermutlich eher zur Konsumglättung. Kulturelle Faktoren und die Gründe für die Migration könnten demnach für den Unterschied in der Sparwahrscheinlichkeit zwischen Migranten und Einheimischen von Bedeutung sein. Im zweiten Teil dieser Dissertation wird mithilfe von aggregierten Daten des Sozio-Ökonomischen Panels untersucht, wie eine Erhöhung der Zuwanderung das Sparverhalten der Haushalte in einem vektorautoregressiven Modell beeinflusst. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass ein Migrationsschock die durchschnittliche Sparquote der deutschen Haushalte erhöht. Dieser Effekt wird eher durch einen Anstieg des Anteils zukunftsorientierter Haushalte als durch eine Verhaltensänderung der Sparer verursacht. Daher hat die Zuwanderung keinen signifikanten Effekt auf die relative Einkommensdifferenz zwischen Sparern und nicht-sparenden Haushalten. Der Migrationsanstieg führt zudem zu einer Erhöhung des Anteils der sparenden Einheimischen, wohingegen sich der Anteil der sparenden Migranten nicht signifikant verändert. Demnach reagieren einheimische Haushalte stärker auf Veränderungen des Migrationssaldos, wodurch sich die Heterogenität zwischen diesen beiden Gruppen weiter verstärkt. Im letzten Kapitel wird analysiert, wie sich die Erwartungshaltung von investierenden Wirtschaftsagenten im Falle eines Migrationsschocks in einem realen Konjunkturmodell auf ihr Arbeits- und Sparverhalten auswirkt. Die Simulationen in diesem Kapitel zeigen, dass das Sparverhalten der Zuwanderer für das Ausmaß der Effekte bedeutsam ist. Das Modell prognostiziert, dass ein positiver Anteil von sparenden Migranten die Investitionsanreize der Sparer verringert, während die Arbeitsanreize und die durchschnittliche Sparquote im Gastland steigen. Die Sparanreize der Einwanderer wirken sich daher positiv auf das pro Kopf Bruttoinlandsprodukt sowie auf die Löhne aller Arbeitsgruppen aus und verringern zudem die Einkommensungleichheiten zwischen Sparern und Konsumenten. Die gleichen Effekte treten für ein Sozialsystem mit einem linear progressiven Steuertarif auf, unabhängig davon, ob Integrationskosten die Staatsausgaben erhöhen oder nicht. Daher sind die Sparanreize der Einwanderer vorteilhaft für die Wirtschaft im Gastland.
Einrichtungen
- Lehr- und Forschungsgebiet Empirische Wirtschaftsforschung [811320]
Identifikationsnummern
- DOI: 10.18154/RWTH-2020-09941
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2020-09941